Über die Wirksamkeit staatlicher Gründungsförderung

Prof. Dr. Hanna HottenrottTechnischen Universität München

Neue Unternehmen leisten in mehrfacher Hinsicht einen wichtigen Beitrag zur Innovationsfähigkeit von Volkswirtschaften. Zum einen tragen sie direkt zur Entwicklung und Verbreitung neuer Produkte und Dienstleistungen bei [1]. Der Innovationsgrad ist dabei gerade bei neuen Unternehmen hoch, da diese weniger in Pfadabhängigkeiten gebunden sind als etablierte Unternehmen [2]. Zum anderen üben neue Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen einen Wettbewerbsdruck auf bestehende Unternehmen aus und steigern somit auch deren Innovationsanreize [3]. Des Weiteren schaffen junge Unternehmen neue Arbeitsplätze und tragen zur Diversifikation regionaler Arbeitsmärkte bei.

Gründer/innen erwirtschaften somit durch ihre unternehmerische Tätigkeit gesellschaftlich auch Erträge, welche über ihren privaten Erlös hinausgehen. Für die Realisierung dieser Erträge ist es allerdings wichtig, dass Markteintritts- und Wachstumsbarrieren neue Unternehmen nicht unnötig bremsen. Deutschland – wie andere Länder (zum Beispiel die USA) auch – verzeichnet jedoch rückläufige Gründungszahlen und eine schiefe Verteilung der Wachstumsraten neuer Unternehmen [4,5].

Wachstumshemmnis Kapitalmangel?

Ein viel diskutiertes und wichtiges Wachstumshemmnis ist der Zugang zu Gründungs- und Wachstumsfinanzierung. Gerade in wissens- und technologieintensiven Branchen sind Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle häufig komplex und Vorhersagen über den Markterfolg eines Unternehmens mangels Erfahrungen unsicher. Gleichzeitig benötigen gerade solche Unternehmen vergleichsweise hohe und spezifische Anfangsinvestitionen, welche es zu finanzieren gilt [6].

Müssen diese Investitionen aus eigenen Mitteln aufgebracht werden, kann dies den Wachstumsprozess verzögern und sogar zum Scheitern des Unternehmens führen, wenn aus Kapitalmangel Projekte abgebrochen werden müssen oder nicht im nötigen Umfang umgesetzt werden können. Kreditfinanzierung durch Banken ist häufig aufgrund des Risikoprofils neuer, forschungs- und entwicklungsintensiver (F&E) Unternehmen nur begrenzt möglich. Anders als Wagniskapitalgeber partizipieren Kreditgeber nicht proportional zum Unternehmenserfolg, tragen aber im Fall des Scheiterns des Unternehmens den vollen Kreditausfall. Die immateriellen Vermögen und spezifischen Anlagen junger, wissensintensiver Unternehmen sind unter Umständen schwierig zu bewerten und bieten dadurch häufig nicht ausreichende Kreditsicherheiten.

Die Beteiligung durch Wagniskapitalgeber (in Form von Venture Capital Fonds und Business Angels) hat in den letzten Jahren auch in Deutschland zugenommen [6]. Der Anteil an Gründungen, die sich durch Eigenkapitalbeteiligungen finanzieren, bleibt dennoch laut dem IAB/ZEW Gründungspanel mit lediglich 5 Prozent für Gründungen in den Jahren 2014 bis 2017 insgesamt verhältnismäßig gering.

Staatliche finanzielle Förderung – aber wie?

Was kann der Staat also tun, um Gründungen zu fördern? In einigen Ländern – wie auch in Deutschland – gibt es finanzielle Gründungsförderung in der Form von Gründerstipendien, Projektzuschüssen oder öffentlich geförderten Krediten (www.foerderdatenbank.de). Insbesondere die Vergabe der ersten beiden Arten staatlicher Gründungsförderung kann als direkte Bezuschussung gesehen werden, welche den Finanzierungsbedarf aus anderen Quellen reduziert. Die Frage ist daher, ob eine solche Förderung wirklich auf fruchtbaren Boden fällt, indem sie zusätzliche Investitionen und Innovationen ermöglicht oder ob sie lediglich (Eigen-)Finanzierung im gleichen Umfang ersetzt.

Forschung zur Effektivität verschiedener Förderprogramme zeigt, dass ein Zuschuss aus dem Small Business Innovation Research (SBIR) Programm bei jungen Unternehmen im Energiesektor in den USA beispielsweise zu mehr Patenten und einem stärkerem Umsatzwachstum führt [8]. Auch eine Analyse der Entwicklung junger öffentlich geförderter und nicht-geförderter Unternehmen in Italien kommt zu dem Ergebnis, dass geförderte Unternehmen in der Tat mehr investieren und dass diese Investitionen unabhängiger von eigenem Cashflow sind als bei anderen Unternehmen [9]. Auch zeigt der im Jahr 2012 umgesetzte „Italian startup act“, welcher Markteintritts- und Finanzierungsbarrieren abbauen sollte, erste Erfolge in Form von positiven Wachstumseffekten [10].

Die Ausgestaltung des Förderprograms scheint aber für seine Wirksamkeit eine sehr wichtige Rolle zu spielen. Am Beispiel Israels zeigt sich, dass eine Förderung, die an die Bedingung geknüpft ist, Knowhow nicht aus einer bestimmten Region zu transferieren, die positiven Effekte stark beeinträchtigte. Mit der Abschaffung dieser Auflagen zeigt sich, dass die Teilnahme an einem Förderprogramm die Scheiterwahrscheinlichkeit der geförderten Startups deutlich reduziert und ihre Innovationstätigkeit erhöht [11]. Das Ergebnis, dass staatlich geförderte Kredite ein wirksames Instrument zur Gründungförderung sein können, zeigt sich auch in einer Studie schwedischer Unternehmen, bei der sich ebenfalls ein positiver Effekt auf Beschäftigungs- und Umsatzwachstum abzeichnet [12].

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Für junge Unternehmen in wissensintensiven Brachen zeigt sich allerdings, dass Zuschüsse anders wirken als staatliche geförderte Kredite [13]. Auch sprechen verschiedene Förderinstrumente unterschiedliche Typen von Gründungen an [10]. Aus unserer Analyse junger Unternehmen in Deutschland, die zwischen 2005 und 2012 gegründet wurden, lässt sich darüber hinaus schlussfolgern, dass sowohl Zuschüsse als auch subventionierte Kredite zu einer höheren Anzahl an Beschäftigten in den Folgejahren sowie einem höheren Umsatz beitragen [13]. Im Gegensatz zu Krediten, führen Zuschüsse auch zu mehr F&E-Ausgaben.

Öffentlich geförderte Kredite werden dagegen tatsächlich für zusätzliche Investitionen in Sachanlagen eingesetzt. Dieses Ergebnis spiegelt die Rückzahlungsverpflichtung bei Kreditfinanzierung wider. Zuschüsse werden in der Regel ohne jede Rückzahlungsverpflichtung vergeben, sodass die dadurch verfügbaren Mittel auch für unsichere F&E-Projekte eingesetzt werden. Im Falle des Scheiterns entsteht dem Unternehmen lediglich ein Schaden in Form von Opportunitätskosten dadurch, dass das Geld nicht für ein anderes Projekt eingesetzt wurde. Kredite dagegen müssen auch im Falle des Scheiterns eines Projektes zurückgezahlt werden und eignen sich daher nicht zur Finanzierung von F&E-Tätigkeiten. In Bezug auf die Scheiterwahrscheinlichkeit der Unternehmen, zeigt sich aber – anders als in der Studie für Israelische Startups – keine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit der geförderten Unternehmen.

Ein zentrales Ziel der Unterstützung junger Unternehmen ist jedoch die Innovationsförderung. Wie wir in einer aktuellen Studie zeigen, erhöhen Zuschüsse die Innovationswahrscheinlichkeit, das heißt die erfolgreiche Einführung einer Marktneuheit, bei neu gegründeten Unternehmen in Deutschland von 48 auf 53 Prozent. Bei Unternehmen, die zusätzlich zu dem Zuschuss Förderkredite erhielten, steigerte sich die Innovationswahrscheinlichkeit sogar auf über 63 Prozent (im Vergleich zu 50 Prozent in der Vergleichsgruppe) [13].

Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass eine Kombination aus rückzahlungsfreiem Zuschuss und Kredit ein ideales Förderinstrument sein könnte. Der Grund dafür ist, dass Zuschüsse in ihrer Höhe häufig nicht ausreichend sind, um Investitionen zu ermöglichen, die die erfolgreiche Markeinführung von Innovationen und andere Wachstumsinvestitionen ermöglichen. Kredite allein eignen sich allerdings nicht für die Durchführung von risikoreichen F&E-Projekten. Eine solche kreditbasierte Wachstumsfinanzierung sollte aber durchaus mit einer Rückzahlungsverpflichtung verbunden sein, um die Eigenverantwortung des Unternehmens nicht zu untergraben [11].

Die Wirkungskanäle der Förderung

Die Forschung zu den Wirkungskanälen der Wachstums-und Innovationseffekte legt nahe, dass neben dem „Cash-Effekt“ auch ein Zertifizierungseffekt eine Rolle spielen könnte [7]. Zum einen zeigt sich, dass sich durch Zuschüsse geförderte Unternehmen in wissensintensiven Branchen eher und in größerem Umfang durch Banken finanzieren als nicht-geförderte Unternehmen und dass diese Bankenfinanzierung bereits relativ bald nach Gründung genutzt wird. Dies lässt darauf schließen, dass die Förderung auch ein Signal an den Kreditgeber sein kann, dass es sich um ein potentiell innovatives und daher erfolgreiches Unternehmen handelt. Wichtig für das Funktionieren eines solchen Zertifizierungskanals ist jedoch, dass die Vergabe der Förderung sehr selektiv erfolgt. Darüber hinaus könnte es auch sein, dass das Gründerteam durch das Durchlaufen eines Bewerbungsverfahrens um eine Förderung Erfahrungen sammelt, die auch für einen Kreditantrag nützlich sind. In diesem Fall käme der beobachtete Zusammenhang nicht durch eine Zertifizierung seitens der Fördernden Institution, sondern durch einen Lerneffekt auf Seiten des Unternehmens.

Neben Zugang zu Bankenfinanzierung, zeigen eine Reihe von Studien auch einen positiven Zusammenhang zwischen öffentlicher Förderung und (späterer) Finanzierung durch Wagniskapital- oder Eigenkapitalgeber [8,11,12,13]. Allerdings ist es auch hier unklar, ob es sich um einen Zertifizierungsmechanismus oder um eine Folge der tatsächlich umgesetzten Aktivitäten sowie der größeren Innovationswahrscheinlichkeit handelt. Da es sich bei solchen Investoren in der Regel um Gruppen mit umfangreichen Branchen- und Fachkenntnissen handelt, kann man aber davon ausgehen, dass eine Zertifizierung hier möglicherweise eine geringere Rolle spielt als bei Bankenfinanzierung. Vielmehr legen diese Ergebnisse nahe, dass staatliche Gründungsförderung in solchen frühen Phasen der Unternehmensentwicklung und bei Unternehmen greift, in denen Wagniskapital (noch) keine Option ist.

Die Ergebnisse der bisherigen Forschung unterstreichen daher die Wirksamkeit staatlicher finanzieller Gründungsförderung. Es wird aber auch deutlich, dass die richtige Ausgestaltung für die Wirkung von großer Bedeutung ist. Auch hat die Wahl des Förderinstruments Auswirkungen auf die Mittelverwendung und damit auf die zu erwartenden Effekte. Unsere Studie zu Gründungen in Deutschland zeigt zudem, dass Innovationspotential bei der Ausgestaltung und Administration der bisherigen Förderinstrumente besteht. Zuschüsse und Kredite sollten nicht als alternative Wege der Förderung gesehen werden. Die Vergabe von Zuschüssen in optionaler, aber direkter Kombination mit Krediten, könnte den Wirkungsgrad der staatlichen zuschussbasierten Förderung deutlich erhöhen.

Literatur

[1] Audretsch, D.B., Link, A.N., Sauer, R.M., Siegel, D.S. 2016. Advancing the economics of entrepreneurship. European Economic Review 86, 1-3.

[2] Acs, Z.J., Audretsch, D.B. 1988. Innovation in large and small firms: An empirical analysis. American Economic Review 78, 678-690.

[3] Schneider, C., Veugelers, R. 2010. On young highly innovative companies: Why they matter and how (not) to policy support them. Industrial and Corporate Change 19, 969-1007.

[4] Decker, R.A., Haltiwanger, J., Jarmin, R.S., Miranda, J. 2016. Where has all the skewness gone? The decline in high-growth (young) firms in the US. European Economic Review 86, 4-23.

[5] EFI – Commission of Experts for Research and Innovation. 2017. Research, innovation and technological performance in Germany 2017, Berlin.

[6] EFI – Commission of Experts for Research and Innovation. Unternehmensdynamik in der Wissenswirtschaft in Deutschland. In: Studien zum deutschen Innovationssystem Nr. 3-2019, Berlin.

[7] Hottenrott, H., Lins, E., Lutz, E. 2018. Public subsidies and new ventures’ use of bank loans. Economics of Innovation and New Technology 27, 786-808.

[8] Howell, S.T. 2017. Financing innovation: Evidence from R&D grants. American Economic Review 107, 1136-1164.

[9] Colombo, M.G., Croce, A., Guerini, M. 2013. The effect of public subsidies on firms’ investment–cash flow sensitivity: Transient or persistent? Research Policy 42, 1605-1623.

[10] Giraudo, E. Giudici, G., Grilli, L. 2019. Entrepreneurship policy and the financing of young innovative companies: Evidence from the Italian Startup Act. Research Policy 48(9), 103801.

[11] Conti, A. 2018. Entrepreneurial finance and the effects of restrictions on government R&D subsidies. Organization Science 29, 134–153.

[12] Söderblom, A., Samuelsson, M., Wiklund, J., Sandberg, R. 2015. Inside the black box of outcome additionality: Effects of early-stage government subsidies on resource accumulation and new venture performance. Research Policy 44, 1501-1512.

[13] Hottenrott, H., Richstein, R. 2020. Start-up subsidies: Does the policy instrument matter? Research Policy 49(1), 103888.



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